Stadtgeschichte Borghorst
Bereits in das 9. Jahrh. zurückdatieren lassen sich Baumsärge, die auf dem alten Stiftsgelände um 1880 ausgegraben wurden. Doch erst mit der Nachricht vom Tode des Grafen Bernhard von Borghorst im Jahr 935 betreten wir geschichtlichen Boden. Seine Witwe Bertha und seine Tochter Hedwig gründeten 968 das Stift Borghorst.
Borghorst entwickelte sich jedoch erst im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einem Dorf, als aus den hofnahen Flächen des zur Abtei gehörenden Vehoffs (Viehhofs), heute Schulze Raestrup, Hausstätten ausgegliedert wurden, die gegen ein sog. Wortgeld als erblicher Lehensbesitz an Bauwillige abgegeben wurden. Doch siedelten sich zunächst nur wenige Bauern und Handwerker an. So wurden 1459 lediglich 19 Wortstätten im Pachtbuch der Abtei aufgeführt. Einen größeren Bevölkerungszuwachs erfuhr Borghorst erst zum Ende des 30jährigen Krieges, als die Bevölkerung von 30 Familien (1645) auf 114 Familien (1650) hinaufschnellte.
Alt-Borghorst um 1843
Der dennoch kleine Ort, über den die Grafen von Steinfurt seit 1271 bzw. 1297 die Vogtei ausübten, gelangte nach dem Vertrag von 1716 zwischen den Steinfurter Grafen und dem Fürstbischof von Münster unter die münsterische Landesherrschaft. 1806 fiel er an das Großherzogtum Berg und 1811 sogar an das Kaiserreich Frankreich. Doch schon 1813 richteten die Preußen sich in Westfalen ein und gründeten 1816 den Kreis Steinfurt, zu dem auch Borghorst gehörte, das mit dem früheren Rentmeister des Stiftes Coermann sogar den ersten Landrat stellte.
Das insbesondere nach dem Bau der Eisenbahn Münster-Gronau-Enschede erfolgte Aufblühen der Textilindustrie führte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem weiteren rapiden Anstieg der Bevölkerung. Gab es 1861 lediglich 2063 Einwohner, so sind es 1879 bereits 4100, das entspricht einer Steigerung um 100% in 18 Jahren. So kann es nicht verwundern, daß auch die kleine Stiftskirche der wachsenden Zahl der Gläubigen nicht mehr ausreichend Platz bieten konnte. In den Jahren 1886-96 wurde daher an ihrer Stelle von dem münsterischen Diözesanbaumeister Hilger Hertel d. Ä. die wesentlich größere Nikomedes-Kirche im neugotischen Stil erbaut. Die riesigen Ausmaße des Baues sind nicht nur ein Hinweis auf die Seelenzahl der Gemeinde sondern auch auf deren hohe Finanzkraft infolge der rasanten Industrialisierung. Dies wird auch deutlich an dem gleichzeitig durchgeführten Bau des Rathauses, das 1888 bezogen wurde. Die Aufgaben der Gemeindeverwaltung waren mit der Einwohnerzahl gewachsen und hatten zu einem höheren Personalbedarf geführt.
Auch auf das Ortsbild des Dorfes Borghorst hatte der wirtschaftliche Aufschwung große Auswirkungen. Entlang der Münsterstraße entstanden eine Reihe von repräsentativen Privat- und Geschäftsbauten, so daß Karl Döhmann in seinem 1903 erschienenen Führer für Burgsteinfurt von dem nahe gelegenen Borghorst sagen konnte: "Der freundliche Ort mit seinen Villen und hübschen Häusern zeigt ganz städtischen Charakter." Doch erst 1950 wurden Borghorst die Stadtrechte verliehen, als die Einwohnerzahl sich durch die Ostvertriebenen noch einmal auf insgesamt rd. 17 000 gesteigert hatte. Ebenso wie im 19. Jahrhundert die Zuwanderung der Textilarbeiter führte auch der Zustrom der Vertriebenen nach dem 2. Weltkrieg zu einem großen Wohnungsbedarf, der eine rege Bautätigkeit hervorrief und zu einer raschen Ausbreitung von Baugebieten in die Bauerschaften hinein führte.