Stadtgeschichte Burgsteinfurt
Die Fürsten zu Bentheim und Steinfurt sind Nachfahren der Edelherren von Steinfurt, die 1129 zum ersten Mal erwähnt werden. Unweit ihrer Burg lag in der Bauerschaft Hollich die Burg Ascheberg, mit deren gleichnamigen Edelherren 1164 eine Fehde entstand, die zur Zerstörung der beiden gleichaltrigen Burgen führte. Die Steinfurter behielten dabei jedoch die Oberhand und konnten mit Hilfe des Kölner Erzbischofs Rainald von Dassel, einem Verwandten der Steinfurter, in Ruhe mit dem Wiederaufbau ihrer Burg beginnen.
Nach dem Aussterben der Edelherren von Ascheberg 1206 übernahmen die Steinfurter deren Besitzungen. 1279 erwarben sie von den Edelherren von Ahaus-Horstmar die Freigrafschaft Laer. Um die gleiche Zeit fiel ihnen auch das Gogericht Rüschau zu. Beide Gebiete umfassen mit Laer, Holthausen, Borghorst, Höpingen und Beerlage die spätere Obergrafschaft Steinfurt. Schließlich übten sie das Amt des Edelvogtes über die Stifter St. Mauritz und Überwasser in Münster und seit 1297 durch magdeburgische Belehnung über das Stift Borghorst aus.
Darüber hinaus hatten sie große Besitzungen in Emsdetten, Mesum und Rheine, die sie durch den Bau der Schwanenburg auf einer Emsinsel bei Mesum zu schützen versuchten. Sie stand jedoch den Bischöfen von Münster bei ihrer Ausbreitung nach Norden, zum Niederstift hin, im Wege. In der unvermeidlichen Fehde, die aus diesem Interessenkonflikt entstand, verloren die Steinfurter 1343 nicht nur diese Burg, die völlig zerstört wurde, sondern auch ihre gesamten Besitzungen in dieser Gegend. Schon kurz danach (1357) erreichten sie jedoch die Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit und damit die Unabhängigkeit von Münster durch Kaiser Karl IV., indem dieser Balduin II. mit der Freigrafschaft Laer belehnte. Aus dieser Zeit rührt der fortwährende Gegensatz zwischen den Fürstbischöfen von Münster und den Steinfurter Edelherren und ihren Nachfolgern her. Er führte 1396 sogar dazu, daß Bischof Otto IV. von Münster von Ludolf von Steinfurt im Buddenturm seines Schlosses gefangen gehalten wurde und erst nach Zahlung eines hohen Lösegeldes und Zusicherung der Landeshoheit der Steinfurter freigelassen wurde.
1421 erlosch das Geschlecht der Edelherren von Steinfurt im Mannesstamm. Durch seine Vermählung mit der Tochter des letzten Ludolf, die schon 1420 gestorben war, erlangte der Edle Eberwin von Götterswick (heute zur Stadt Dinslaken gehörig) als Vormund ihrer Tochter Lutgard die Herrschaft Steinfurt. Durch die ebenfalls 1421 erfolgte Erbschaft der Grafschaft Bentheim wurde er der Stammvater der heutigen Fürsten zu Bentheim-Steinfurt. Die Herrschaft Steinfurt erwarb er endgültig nach der Heirat seiner Tochter gegen ein angemessenes Entgelt von ihr und ihrem Gemahl.
Nach seinem Tode fand die erste von vielen, später so verhängnisvollen Teilungen statt. In Steinfurt folgte der jüngere Sohn Arnold I., der duch seine Heirat mit Katharina von Gemen, deren Mutter Erbin von Wevelinghoven bei Neuss war, den Anfall dieser Herrschaft vorbereitete, der 1492 erfolgte. Der Sohn Arnolds I., Eberwin II., wurde von Kaiser Maximilian I. wegen seiner Verdienste in dessen Kriegen 1495 mit der Erhebung der Herrschaft Steinfurt zu einer Reichsgrafschaft ausgezeichnet. Aufgrund der 1487 abgeschlossenen Erbvereinigung mit dem gleichnamigen Eberwin II., Grafen von Bentheim, trat sein Sohn, Graf Arnold II. von Steinfurt, 1530 die Erbfolge in Bentheim an. Er führte dort und in Steinfurt, beeinflußt durch seine zweite Ehefrau, Gräfin Walburg von Brederode, 1544 die evangelische Lehre nach der Augsburger Konfession ein. Unter seiner Regierung begann 1548 auch der überaus langwierige Prozeß am Reichskammergericht mit dem Fürstbistum Münster um die Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft Steinfurt.
Als er 1553 starb, folgte ihm in Bentheim sein Sohn Eberwin III., der durch seine Heirat mit Anna von Tecklenburg die gleichnamige Grafschaft und die Herrschaft Rheda erwarb, aber schon 1562 verstarb. Steinfurt erhielt der jüngere Sohn Arnold III. Er verschärfte die Auseinandersetzungen mit Münster, indem er den Fürstbischöfen die Anerkennung der geistlichen Jurisdiktion verweigerte und darüber hinaus die Johanniter aus der Großen Kirche vertrieb, um künftig evangelischen Gottesdienst halten zu lassen.
Graf Arnold IV. (reg. 1566-1606)
Die Mutter seines Neffen Arnold IV., der nach dem kinderlosen Tode Arnolds III. sein Nachfolger geworden war, schloß zwar 1569 den ungünstigen Flinteringischen Vergleich mit Münster; nachdem er an die Regierung gekommen war, kündigte Arnold IV. jedoch diesen Vertrag, sodaß die Streitigkeiten weitergingen. Der länderreichste Herrscher seines Geschlechts führte 1591 die reformierte Lehre anstelle der lutherischen ein. Er teilte durch Testament seine Gebiete unter seine fünf Söhne auf und gab damit den Anlaß zu anhaltenden Familienstreitigkeiten. In deren Verlauf einigte man sich erst 1638 nach mehrfacher Besetzung Steinfurts durch hessische und münsterische Truppen auf einen Vergleich: Graf Arnold Jobst von Bentheim erhielt Steinfurt; die Tecklenburger Linie bekam die Herrschaften Wevelinghoven und Gronau. Nachdem Graf Arnold Jobst 1643 verstorben war, erhielt aufgrund eines Vergleichs von 1656 der ältere Sohn Ernst Wilhelm Bentheim und der jüngere Philipp Konrad Steinfurt. Seine Stellung war wegen des schwebenden Prozesses mit Münster sehr schwach, so daß 1660 der machthungrige Bischof Christoph Bernhard von Galen in Steinfurt einfallen und die Stadt bis 1720 besetzt halten konnte.
Als sich 1661 Graf Ernst Wilhelm mit der Niederländerin Gertrud van Zelst vermählte und den Sprößlingen dieser morganatischen Ehe durch kaiserliche Urkunde von 1666 sogar die Sukzessionsfähigkeit zugestanden wurde, entstand daraus ein bitterer Familienzwist zwischen den beiden Linien, weil Graf Philipp Konrad den für ihn ungünstigen Vergleich von 1656 hauptsächlich in der Hoffnung auf die Nachfolge in Bentheim geschlossen hatte. Gertrud hatte bereits 1663 Bischof Christoph Bernhard von Galen um Unterstützung gebeten; dieser hatte ihr daraufhin das kaiserliche Diplom in der Hoffnung beschafft, auf diese Weise endlich den Zugriff auf Steinfurt zu erhalten. Als jedoch Ernst Wilhelm sich hinsichtlich eines Übertritts zur katholischen Religion geneigt äußerte, Gertrud jedoch an ihrem reformierten Bekenntnis festhielt, bemächtigte sich der enttäuschte Christoph Bernhard der Person des wankelmütigen Grafen und veranlaßte ihn, 1668 öffentlich den katholischen Glauben zu bekennen. Sofort darauf ließ die Gräfin ihre Kinder nach Holland und später sogar nach England bringen. Als sie gezwungen werden sollte, den Aufenthaltsort ihrer Kinder zu nennen, floh sie unter abenteuerlichen Umständen aus Münster. 1678 wurde die Ehe aufgelöst.
Ihre Söhne mußten noch einen Prozeß vor dem Reichshofrat führen, ehe wenigstens der älteste, Graf Ernst, 1691 Steinfurt zugesprochen erhielt. Er erließ ein Hausgesetz, das die Unteilbarkeit der Grafschaft und das Recht der Erstgeburt einführte. Seine Witwe schloß 1716 aufgrund der hohen Kosten der Besetzung Steinfurts und des fortdauernden Prozesses einen Vertrag mit Münster, in dem die Grafschaft Steinfurt auf das Gebiet der ehemaligen Stadt Burgsteinfurt und des Kirchspiels Steinfurt mit den drei Bauerschaften beschränkt wurde.
In den Wirren der Franzosenzeit fiel schließlich die Grafschaft Bentheim unter die hannoversche, die Grafschaft Steinfurt unter die preußische Landeshoheit. Die Grafen von Bentheim und Steinfurt wurden 1817 für ihre Verluste als Landesherren mit dem preußischen Fürstentitel entschädigt.